17.10.2014 19:12:58
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"DER STANDARD-Kommentar: Kind oder Karriere." von Alexandra Föderl-Schmid.
Wien (ots) - Zuerst Karriere, dann Kinder. Jenseits des Atlantiks war die Empörung größer über die Nachricht, dass US-Konzerne wie Facebook und Apple jungen Mitarbeiterinnen bis zu 20.000 Dollar (15.624 Euro) für das Einfrieren ihrer Eizellen und die Verschiebung ihres Kindeswunsches anbieten. Zu Recht, denn dieses Angebot provoziert Widerspruch aus ethischen, medizinischen und gesellschaftspolitischen Gründen. Egg-Freezing, das Einfrieren und Auftauen von Eizellen zu einem späteren Zeitpunkt, ist inzwischen eine gängige medizinische Prozedur. Weltweit kamen bisher rund 1500 Kinder nach Anwendung dieser Methode zur Welt. Die Frage, bis zu welchem Alter man Kinder bekommen kann und soll, stellt sich damit erst recht.
Dass Arbeitgeber mit einem finanziellen Lockangebot eine wesentliche Rolle bei der Entscheidungsfindung in einem höchstpersönlichen Lebensbereich spielen, ist neu. Der Zeitpunkt der Empfängnis wird zu einem ökonomischen Faktor. Noch konsequenter wäre es, wenn Unternehmer gleich eine Anti-Gebär-Prämie anbieten, damit sie das weibliche Humankapital wirklich voll ausnützen könnten. Die gesellschaftspolitischen Auswirkungen wären, dass man das auf einem Umlageverfahren beruhende Pensionssystem (Aktive finanzieren Ruhende) gefährdet.
Schwarz auf weiß wird mit diesem Angebot dokumentiert, was auch hierzulande die Sicht vieler Arbeitgeber ist, die sie Mitarbeiterinnen spüren lassen: Frau zu sein ist ein Wettbewerbsnachteil und ein Beförderungshindernis. Es müssen sich bei Bewerbungsgesprächen noch immer jüngere Frauen die Frage gefallen lassen, wie es denn mit ihrer Familienplanung aussieht. Wer Mutter von zwei oder mehreren Kindern ist, wird von vorneherein nicht zu einem Termin eingeladen, zu groß ist das Risiko von Ausfällen durch Pflegeurlaub.
Dass der Ausfall von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für einen längeren Zeitraum insbesondere kleinere Betriebe vor Probleme stellt, ist ein Faktum. Aber Familienverpflichtungen - dazu gehört nicht nur die Kinderbetreuung, sondern häufig auch die Pflege von älteren Angehörigen - sollten Männer und Frauen gleichermaßen tangieren. Wenn auch Männer die Möglichkeiten der Karenz nach der Geburt eines Kindes in gleichem Ausmaß nutzen oder Pflegeurlaub beantragen, dann werden nicht nur Frauen als Risiko betrachtet.
Doch die Realität sieht anders aus. Nur knapp jeder fünfte Vater bezieht in Österreich Karenzgeld. Selbst im öffentlichen Dienst nutzen lediglich 13 Prozent aller Mitarbeiter, die seit der Einführung des Papamonats vor zwei Jahren Nachwuchs bekommen haben, diese Möglichkeit - 700 im ganzen Land. Auch Verteidigungsminister Gerald Klug hat die Chance verpasst zu sagen: Ich kümmere mich einen Monat lang nur um mein erstes Kind. Seiner Partnerin hat er öffentlich wörtlich eine "Zurseitestehung" versprochen.
Damit ist es nicht getan. Bald starten Verhandlungen über ein Papamonat in der Privatwirtschaft. Es ist Zeit, dass Arbeitgeber für ihre Mitarbeiterinnen den Widerstand aufgeben. Auch der Staat ist in der Pflicht. In Deutschland gibt es den gesetzlich verankerten Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz, in Österreich gibt es nicht genügend Plätze. Die Rahmenbedingungen müssen geändert werden, damit Frauen zwischen 25 und 40 Jahren nicht weiter vor der Entscheidung stehen: Kind oder Karriere.
Rückfragehinweis: Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
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