Unterschätzte Kennzahl 19.10.2024 21:16:00

Wichtig für Growth-Aktien: Warum Anleger die Net Retention Rate kennen sollten

Wichtig für Growth-Aktien: Warum Anleger die Net Retention Rate kennen sollten

• Net Retention Rate gibt Aufschluss über Wachstum
• Konjunkturelle Einordnung möglich
• Richtige Interpretation wichtig


Kurs-Gewinn-Verhältnis und Kurs-Umsatz-Verhältnis

Viele Anleger schwören bei der Auswahl einer Aktie auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Um die Kennzahl zu errechnen, wird der aktuelle Aktienkurs eines Titels durch den jüngsten Unternehmensgewinn je Aktie geteilt. Letzterer setzt sich aus dem Unternehmensgewinn geteilt durch alle Aktien des Unternehmens zusammen. Ein niedriges Verhältnis zeigt, dass die Aktie günstig bewertet ist - und eventuell besonders chancenreich. Ist die Kennzahl aber hoch, bedeutet das nicht automatisch, dass der Anteilsschein zu teuer ist. Außerdem gibt es keine eindeutig definierten Bereiche des KGV, in dem Aktien als günstig oder teuer gelten.

Gerade bei jungen Unternehmen gilt das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) mittlerweile jedoch als aussagekräftiger, da Startups und Einhörner oftmals noch keine Gewinne erwirtschaften. Hier wird der Börsenkurs einer Aktie durch den Umsatz des Unternehmens je Aktie dividiert, um die Kennzahl zu erhalten.

Net Retention Rate ermittelt Kundenbindung

Bisher weniger Beachtung findet die Net Retention Rate (NRR), auch Net Revenue Retention, Net Dollar Retention oder Kundenbindungsrate genannt. Die Kennzahl setzt sich laut dem Anlageberater Pyfore Capital aus der folgenden Formel zusammen:
(Umsatz zu Beginn des Zeitraums + Umsatzplus innerhalb des Zeitraums - Umsatzrückgänge innerhalb des Zeitraums - Umsatzabwanderung innerhalb des Zeitraums) / Umsatz zu Beginn des Zeitraums

Betrachtet wird also der Umsatz eines Unternehmens oder Produkts zum Beginn eines Zeitraums. Dazu kommt der innerhalb des Zeitraums entstandene zusätzliche Umsatz, abgezogen werden hingegen Rückgänge und Abwanderungen. Dieser bereinigte Umsatz wird dann durch den Umsatz zu Beginn des Zeitraums geteilt - und ergibt die Kundenbindungsrate in Prozent.

Relevanz für Wachstumsaktien

Vincent Uhr von "Aktienwelt360" attestiert der Kennzahl besonders im Hinblick auf Wachstumsaktien enorme Wichtigkeit, da sie Aufschluss darüber gebe, wie viel mehr Geld Bestandskunden für ein Produkt oder eine Dienstleistung bereit sind auszugeben. Pyfore Capital zufolge bedeutet eine Kundenbindungsrate von 100 Prozent, dass alle Abwanderungen durch Bestandskunden kompensiert wurden. Beträgt die Rate mehr als 100 Prozent, lasse sich ableiten, dass das Produkt internes Wachstum erfahren habe. Liegt die Kennzahl jedoch unter der 100-Prozent-Marke, liege ein Rückgang des Wachstums nahe.

Prüfung der Konjunktursensibilität

Darüber hinaus könne die Kundenbindungsrate auch verwendet werden, um die Konjunktursensibilität eines Produkts oder einer Dienstleistung zu überprüfen. Liegt diese bei Wachstumsunternehmen vermehrt unter 100 Prozent, könne dies auch ein Anzeichen für eine geringere Wichtigkeit des Produktportfolios sein. So verzichten Kunden in wirtschaftlich unsicheren Zeiten möglicherweise zuerst auf diese Produkte. Befinde sich der Wert jedoch auch im Umfeld wirtschaftlicher Herausforderungen über 100 Prozent, würden sich die angebotenen Waren und Serviceleistungen nicht nur als krisenfest herausstellen, sondern könnten Kunden auch dabei unterstützen, schwierige Zeiten zu überwinden, so Uhr.

Zunehmende Wichtigkeit

Auch wenn die Kennzahl gemäß der Einschätzung des Strategen von enormer Wichtigkeit ist, solle man diese nur verwenden, wenn man sie in den Gesamtkontext des Unternehmens einordnen könne. Anleger, die auf Wachstumsaktien setzen, sollten Uhr zufolge den Umgang mit der Net Retention Rate lernen, da die Daten "eine ganze Menge über das Produkt oder die Dienstleistung und dessen Wert aussagen". Und auch die Experten von Pyfore Capital sind der Meinung, dass das NRR an Aussagekraft gewinnen und so neben traditionellen Kennzahlen wie dem Umsatzwachstum oder der Bruttomarge Bestand haben werde.

Redaktion finanzen.at

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