11.06.2023 17:02:38
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Trump nennt Anklage gegen ihn 'politischen Auftragsmord'
COLUMBUS/WASHINGTON (dpa-AFX) - Nach der Anklage gegen Donald Trump in der Affäre um geheime Regierungsdokumente gibt sich der frühere US-Präsident kämpferisch. Bei einem Wahlkampfauftritt in Columbus im Bundesstaat Georgia bezeichnete Trump die Anklage am Samstag als schrecklichen Machtmissbrauch und "politischen Auftragsmord". Unter dem Jubel seiner Anhänger rief er: "Wir werden dagegen ankämpfen, wie noch nie jemand gekämpft hat." Was die Ermittler zusammengetragen haben, belastet den republikanischen Präsidentschaftsbewerber jedoch schwer. Am Dienstag muss Trump in dem Fall in Miami vor Gericht erscheinen. Der beispiellose Vorgang stellt die Republikanische Partei und die amerikanische Demokratie einmal mehr auf die Probe.
In der 49-seitigen Anklageschrift, die am Freitag veröffentlicht worden war, werden Trump sieben Kategorien von Vergehen vorgeworfen und ihm insgesamt mehr als 35 Straftaten zur Last gelegt. Vorgeworfen wird ihm unter anderem eine Verschwörung zur Behinderung der Ermittlungen und die gesetzeswidrige Aufbewahrung höchstsensibler Informationen. Darunter waren Details zu nuklearen Fähigkeiten der USA und anderer Staaten, zu militärischen Schwachstellen in der Verteidigung der Vereinigten Staaten und ihrer Partner sowie Informationen über potenzielle Militäraktionen.
Die Bundespolizei FBI hatte im August Trumps Privatanwesen Mar-a-Lago in Florida durchsucht und dort zahlreiche Verschlusssachen aus seiner Amtszeit beschlagnahmt, einige mit höchster Geheimhaltungsstufe. Trumps Residenz ist kein abgeriegeltes Privathaus, sondern ein Club mit Zimmern für zahlende Gäste und öffentlichen Veranstaltungen.
In der Anklageschrift heißt es, Kisten mit Verschlusssachen habe Trump dort unter anderem in seinem Schlafzimmer, einem Badezimmer, einer Dusche, einem Ballsaal und einem Lagerraum aufbewahrt. Einige Kisten hätten zeitweise in einem Raum gestanden, in dem öffentliche Veranstaltungen stattfanden. Ein Lagerraum für Dokumente sei über einen öffentlichen Pool-Bereich einfach zu erreichen gewesen.
Trump wird unter anderem vorsätzliche Aufbewahrung von Informationen zur nationalen Verteidigung vorgeworfen. Dies fällt unter das Spionagegesetz und kann allein bereits mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden. Der Ex-Präsident habe außerdem aktiv versucht, die Ermittlungen gegen ihn zu behindern, heißt es in der Anklageschrift weiter. Dazu habe er ein Komplott mit seinem Assistenten Walt Nauta geschmiedet, gegen den ebenfalls Anklage erhoben wurde. Einem Anwalt soll er nahegelegt haben, Unterlagen zu verstecken oder zu zerstören.
Die Ermittler führen detailliert auf - unter anderem auf Basis von Tonaufnahmen - wie Trump mit anderen Personen über Verschlusssachen sprach oder diese Dritten zeigte, die keine Befugnis hatten, solche Informationen zu erhalten. Einem Schriftsteller zeigte er demnach ein Dokument über mögliche Angriffspläne in einem anderen Land. "Das sind geheime Informationen", sagte Trump laut Anklageschrift. "Schauen Sie, schauen Sie sich das an." Trump räumte dabei laut Mitschrift offen ein, als Präsident hätte er die Geheimhaltung des Dokuments aufheben können. "Jetzt kann ich das nicht." Ein Mitarbeiter sagte daraufhin unter allgemeinem Gelächter: "Nun haben wir ein Problem."
Trump bezeichnete die Anklage beim ersten öffentlichen Auftritt nach deren Bekanntwerden als "lächerlich", unbegründet und als einen der schrecklichsten Fälle von Machtmissbrauch in der Geschichte der USA. "Das ist ein politischer Auftragsmord." Präsident Joe Biden versuche, "seinen führenden politischen Konkurrenten ins Gefängnis zu bringen".
Trump will bei der Wahl 2024 erneut antreten und führt in Umfragen das Feld der republikanischen Bewerber an. Mit Blick auf die Anklage sagte er: "Das einzig Gute daran ist: Es hat meine Umfragewerte nach oben getrieben." Auch die Spendensammlungen seiner Wahlkampagne gingen "durch die Decke". Den Sonderermittler in dem Fall, Jack Smith, beschimpfte Trump als "geistesgestört" und als "Feigling".
Es ist das erste Mal, dass gegen einen ehemaligen US-Präsidenten auf Bundesebene Anklage erhoben wurde. Trump war im April bereits im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar auf Bundesstaaten-Ebene in New York angeklagt worden. Es wird auch noch in anderen Fällen gegen Trump ermittelt - zu seinen Bemühungen, den Ausgang der Präsidentenwahl 2020 zu kippen. Bislang wiegen die Vorwürfe im Zusammenhang mit den Dokumenten juristisch am schwersten.
Trumps Ex-Justizminister William Barr, der sich am Ende mit seinem Chef überwarf, sagte am Sonntag dem Sender Fox News, wenn nur die Hälfte der Details aus der Anklage zutreffe, sei Trump "geliefert".
Die Anklage fällt in einen aufgeladenen Wahlkampf in einem politisch bereits gespaltenen Land. Auch die tief zerrissene Republikanische Partei ringt um einen Kurs in dem Fall. Während der - chancenlose - republikanische Präsidentschaftsbewerber Vivek Ramaswamy versprach, Trump zu begnadigen, falls er es ins Weiße Haus schaffe, rief ein anderer Bewerber, Arkansas' Ex-Gouverneur, Asa Hutchinson, Trump auf, angesichts der Vorwürfe aus dem Präsidentschaftsrennen auszusteigen.
Die prominenten republikanischen Präsidentschaftsanwärter Mike Pence und Ron DeSantis, versuchten sich am Wochenende an dem schwierigen Spagat, die Trump-Basis nicht zu verärgern und zugleich sanft Kapital aus den Problemen ihres Konkurrenten zu schlagen: Sie kritisierten das Vorgehen des Justizministeriums scharf, ohne aber Trump von allen Vorwürfen freizusprechen. Das Parteiestablishment steht bislang zu Trump. Der einflussreiche Senator Lindsey Graham sagte dem Sender ABC am Sonntag, Trump sei politisch heute stärker als zuvor.
Mehrere Republikaner vom rechten Rand wiederum äußerten martialische Töne. Der Abgeordnete Andy Biggs schrieb auf Twitter: "Wir haben jetzt eine Kriegsphase erreicht. Auge um Auge." Die Republikanerin Kari Lake aus Arizona sagte, wer an Trump rankommen wolle, müsse erst an ihr und an Millionen von bewaffneten Amerikanern vorbei./jac/DP/he
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