28.12.2022 19:22:38

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Zurück zur Normalität, Kommentar zu Insolvenzen von Sabine

Reifenberger

Frankfurt (ots) - Der Begriff der Insolvenzwelle wurde in den vergangenen Jahren

so oft bemüht, dass man sich kaum noch traut, ihn zu verwenden. Die Welle wurde

während der Corona-Pandemie prophezeit, gefürchtet, für überfällig erklärt und

letztlich dank umfassender Hilfsprogramme weitgehend trockengelegt. Kurzfristig

waren die Hilfen ein Erfolg, zahlreiche Unternehmen und Arbeitsplätze haben

dadurch zumindest die Pandemie überstanden. Doch die langfristige Bilanz dürfte

weniger positiv ausfallen. Unternehmen, die bereits mit schweren Blessuren aus

der Pandemie gekommen sind, müssen nun mit hohen Energie- und Materialpreisen,

sinkender Konsumlaune und steigenden Finanzierungskosten zurechtkommen. Das wird

nicht allen gelingen.

Kreditversicherer haben im zu Ende gehenden Jahr wieder mehr Zahlungsausfälle

regulieren müssen als 2021 und stellen sich darauf ein, dass diese Entwicklung

anhält. Das Statistische Bundesamt verzeichnete im Oktober und November jeweils

steigende Insolvenzzahlen, und auch die Großinsolvenzen, in die Insolvenzanträge

von Unternehmen mit einem Umsatz ab 10 Mill. Euro einfließen, haben im Vergleich

zum Vorjahr um gut 30 % zugelegt.

Die Zahlen klingen dramatisch. Aber sind sie es auch wirklich? Zum einen kommen

die Anstiege von einem sehr niedrigen Niveau. Und zum anderen sind Insolvenzen,

so einschneidend sie für die einzelnen Betriebe und ihre Beschäftigten ohne

Zweifel sind, gesamtwirtschaftlich gesehen ein wichtiges Korrektiv. Mit Blick

auf die anhaltenden Verwerfungen in den Lieferketten, die wirtschaftlichen

Folgen des Kriegs in der Ukraine und wachsende Rezessionssorgen mutet der bisher

zu verzeichnende Zuwachs in den Statistiken immer noch eher gering an.

Die Warnungen vor Zombie-Unternehmen, die ohne Aussicht auf nachhaltigen

Geschäftserfolg Kapital und Mitarbeiter binden, sind sicher nicht zufällig in

den vergangenen zwei Jahren lauter geworden. Die Hilfen flossen in Strömen und

gerade zu Beginn der Corona-Pandemie nicht immer zielgerichtet.

So mancher Krisenfall, der nun nach mehreren Jahren am Rande des Abgrunds doch

in die Insolvenz rutscht, könnte bald als mahnendes Beispiel enden.

Restrukturierer raten (freilich nicht ohne Eigennutz) grundsätzlich zu

frühzeitigen Sanierungen, da diese mehr Handlungsspielraum und somit bessere

Chancen auf eine erfolgreiche Neuausrichtung böten. Unterschiedliche rechtliche

Vorgehensweisen gibt es: Eigenverwaltungs- und Schutzschirmverfahren bieten dem

Management eines Unternehmens mehr Mitsprache als die klassische Regelinsolvenz

und vermeiden zudem das immer noch häufig als Stigma empfundene I-Wort. Seit

rund zwei Jahren steht mit dem StaRUG darüber hinaus ein vorinsolvenzlicher

Restrukturierungsrahmen bereit, den Unternehmen nutzen können, denen die

Zahlungsunfähigkeit droht, ohne dass diese bereits eingetreten ist. Einer

wachsenden Zahl an Krisenfällen werden diese Wahlmöglichkeiten wohl nicht mehr

offenstehen. Sie mit weiteren Hilfen künstlich über Wasser zu halten ist jedoch

auch keine Lösung. Auf dem aktuellen Niveau sind steigende Insolvenzzahlen

zunächst kein Grund zur Panik, sondern eher ein Schritt zur Normalisierung.

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