07.11.2022 20:30:38

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Keine Aktienrente auf Pump!, Kommentar zur Altersvorsorge von Jan

Schrader

Frankfurt (ots) - Soll der Staat Schulden machen, um zu investieren? Dieses

Argument für Staatsverschuldung ist umstritten, doch in der kapitalgedeckten

Altersvorsorge könnte es greifen. Weil die Renditen an den Kapitalmärkten

langfristig vermutlich höher liegen als die Zinssätze für Bundesanleihen, führt

ein Kapitalstock im System der Altersvorsorge absehbar zu mehr Wohlstand -

selbst dann, wenn der Topf mit Hilfe von Staatsschulden gefüllt wird. Die

geplante Aktienrente, die im kommenden Jahr mit einem Umfang von 10 Mrd. Euro

starten sollen, greift diese Logik auf und soll zunächst über neue Schulden

gedeckt werden. Das aber sollte kein Dauerzustand sein.

Denn so eindeutig die Rechnung auf dem ersten Blick scheint, so unsicher ist sie

zugleich. Zwar gibt es belastbare Argumente für die Annahme, dass Aktienmärkte

langfristig wahrscheinlich einen höheren Ertrag abwerfen als sicher verzinste

Anleihen. Dieser Ausgang aber ist nicht garantiert. Aktienmärkte können sich

auch langfristig schlechter entwickeln, so dass ein schuldenfinanzierter

Aktientopf ein Verlustgeschäft wäre. Auch wenn das Szenario weniger

wahrscheinlich ist, müssen sich die Fürsprecher einer schuldenfinanzierten

Aktienrente das Risiko vor Augen führen.

Auch ist die Wirkung von Staatsschulden komplex. Eine weitere Kreditaufnahme

kann am Kapitalmarkt höhere Refinanzierungssätze für den Staat nach sich ziehen

und die Rechnung belasten. Auch ist das Zusammenspiel aus den Konditionen für

Staatsanleihen, Wirtschaftswachstum und Kapitalmarktrenditen schwer

durchschaubar. Ökonomische Modelle erlauben unterschiedliche Aussagen. Der

wissenschaftliche Beirat am Bundesfinanzministerium, der die Studienlage

ausgewertet hat, legte sich in einem Gutachten im Februar zur Finanzierung der

Aktienrente nicht fest - aus gutem Grund!

Doch das entscheidende Argument ist politisch: Regierungen tun sich meist schwer

damit, die Staatsfinanzen im Griff zu halten. Mit jedem Schuldenprojekt wird es

schwieriger, zum Ziel einer geringen Neuverschuldung zurückzukommen. So lag der

Schuldenstand in der Eurozone im vergangenen Jahr mit 95,6 Prozent der

Wirtschaftsleistung weit über dem Zielniveau von 60 Prozent, das einst im

Maastrichter Vertrag vereinbart worden war. Von einem Schuldenniveau wie in

Griechenland oder Italien ist die Bundesrepublik zum Glück weit entfernt und im

vergangenen Jahrzehnt bis zur Coronakrise führte sie ihre Schuldenlast zurück.

Die Ampel-Koalition zeigte sich aber leider wiederholt kreativ darin, die im

Grundgesetz verankerte Schuldenbremse zu umgehen. Zwar soll im Fall der

Aktienrente eine Zuführung zum Kapitalstock als finanzielle Transaktion gewertet

werden und wäre somit für die Schuldenbremse neutral. Doch natürlich entstünden

dem neue Verpflichtungen.

Zwar ist eine Aktienrente, deren Kapitalstock aus Schulden aufgebaut wird,

zunächst besser als keine Initiative. Wohlstand und Altersvorsorgesysteme kommen

wegen des demografischen Wandels in einigen Jahren absehbar stark unter Druck -

es ist wichtig, einen ersten Schritt für eine Aktienrente zu gehen. Für den

weiteren Kapitalaufbau wäre es wünschenswert, den Topf primär aus laufenden

Einnahmen zu füllen, etwa aus Rentenbeiträgen. Das Projekt stünde damit auf

stabilerem Boden.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung

Redaktion

Telefon: 069--2732-0

www.boersen-zeitung.de

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/30377/5363862

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