29.04.2022 20:30:49
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Dollar spielt seine Stärke aus, Marktkommentar von Christopher
Kalbhenn
Frankfurt (ots) - Mit "one-currency show" hat die UBS am Freitag ihren
wöchentlichen Währungsausblick überschrieben. Eine zutreffende Beschreibung des
aktuellen Geschehens an den Devisenmärkten: Denn der Dollar befindet sich in
einem spektakulären Höhenflug, der sich zuletzt noch beschleunigt hat. Zum
Wochenschluss lag der Dollar-Index, der die Wertentwicklung der US-Währung gegen
einen Korb aus anderen Industrieländerdevisen misst, etwas oberhalb von 103
Zählern, ein Anstieg im zu Ende gehenden April von rund 5 Prozent, die stärkste
monatliche Entwicklung der amerikanischen Währung seit dem Jahr 2015.
Es ist nicht zuletzt das sehr unsichere Umfeld, geprägt vor allem vom Krieg in
der Ukraine sowie den Lockdowns in China, das die Marktteilnehmer auf der Suche
nach Sicherheit in den Dollar treibt, so wie dies schon während vergangener
Schock-Phasen, etwa nach dem Lehman-Crash, in der Euro-Staatsschuldenkrise und
nach dem Beginn der Corona-Pandemie der Fall war. Zudem sind durch die genannten
Faktoren die wirtschaftlichen Aussichten Europas und Chinas derzeit deutlich
schwächer als die der Vereinigten Staaten.
Von einer "one-currency show" spricht die UBS nicht zuletzt auch deshalb, weil
auch die klassischen Safe-Haven-Währungen, der Schweizer Franken und der Yen,
trotz des sehr unsicheren Umfelds im Vergleich zum Dollar Federn lassen müssen.
Der Schweizer Franken hat seit dem Jahresbeginn 6 Prozent verloren, die
japanische Währung ist mit einer Einbuße von mehr als 11 Prozent sogar der große
Verlierer dieses Jahres. Während die Fed klar zu verstehen gibt, dass sie
energisch gegen die Inflation vorgehen will, und ihr Chairman Jerome Powell für
die Sitzung der Zentralbank in der neuen Woche eine Leitzinsanhebung um 50
Basispunkte signalisiert hat, hat die Bank of Japan in der abgelaufenen Woche zu
verstehen gegeben, dass sie an ihrer ultralockeren Geldpolitik festhalten will.
Ein 20-Jahres-Tief der japanischen Währung bei etwas mehr als 131 Yen pro Dollar
war die Folge.
Das war einer der Impulse, die den Höhenflug des Dollar in den zurückliegenden
Tagen nochmals beschleunigt haben. Der andere war die Ankündigung Russlands, die
Gaslieferungen an die EU-Staaten Polen und Bulgarien einzustellen. Das drückte
den Euro bis unter 1,05 Dollar. Europa und nicht zuletzt das besonders stark von
russischen Energielieferungen abhängige Deutschland wären von einem Ausfall
russischer Gaszufuhren sehr stark betroffen. Eine Rezession wäre die
unvermeidliche Folge. Experten sehen vor diesem Hintergrund bereits die Parität
der Gemeinschaftswährung zum Dollar in greifbare Nähe rücken.
Den Schlüssel dazu hält - neben dem Ukraine-Krieg - wahrscheinlich die
Europäische Zentralbank (EZB) in der Hand. Der Druck auf die Notenbank steigt
mit jeder Woche, in der andere Notenbanken ihre Leitzinsen anheben. Die
schwedischen Währungshüter haben in der abgelaufenen Woche das Ende ihrer
Nullzinspolitik mit einer Leitzinserhöhung eingeläutet, neben der Fed wird in
der neuen Woche voraussichtlich auch die Bank of England nochmals an der
Zinsschraube drehen. Die Schwäche des Euro erhöht den Druck, weil damit die sehr
hohe Inflation zusätzlich angeheizt wird. Der in Dollar abgerechnete Ölpreis
(Sorte Brent) ist seit dem Jahresbeginn um rund 41 Prozent gestiegen. Aus Sicht
des Euroraums kommt dann noch eine Abwertung der Gemeinschaftswährung um rund 7
Prozent hinzu, ihr Fall unter die Parität würde Rohöl ceteris paribus nochmals
um 5 Prozent verteuern.
Eben weil der Druck steigt, wird die EZB möglicherweise bald noch deutlichere
Signale bezüglich einer herannahenden Leitzinswende geben. Das würde
wahrscheinlich den Euro antreiben. Zudem ist ein EU-weiter Gaslieferstopp
Russlands keine ausgemachte Sache, sein Ausbleiben könnte den Euro ebenfalls
zumindest oberhalb der Parität stabilisieren. Experten gehen außerdem davon aus,
dass die Fed ihren Leitsatz mittelfristig nicht so deutlich erhöhen wird, wie
derzeit am Markt erwartet wird, weil sie davon ausgehen, dass die
Leitzinserhöhungen letztlich das Wachstum in den Vereinigten Staaten empfindlich
abschwächen werden. Gut möglich daher, dass der Boden des Euro - ob unter- oder
oberhalb der Parität - nach der zurückliegenden Talfahrt gar nicht mehr so weit
entfernt ist.
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