17.10.2022 21:12:40

Nagel: EZB muss entschlossen gegen Inflation vorgehen

Von Andreas Plecko

BOSTON/FRANKFURT (Dow Jones)--Bundesbank-Präsident Joachim Nagel dringt auf ein entschlossenes Vorgehen gegen die Rekordinflation in der Eurozone. "Die geldpolitischen Entscheidungsträger können nicht davon ausgehen, dass sich die Inflation von selbst wieder normalisiert", sagte das EZB-Ratsmitglied in einer Rede an der Havard University. "Im Gegenteil, wir müssen entschlossen handeln, um zu verhindern, dass sich die Inflation im Euroraum verfestigt." Die Inflation in der Eurozone hat im September mit 10,0 Prozent ein neues Rekordhoch erreicht.

Ökonomen erwarten, dass die Inflation in den kommenden Monaten aufgrund hoher Energiepreise und anhaltender Engpässe in den Lieferketten im zweistelligen Bereich bleiben wird. Das erhöht den Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB), die die Leitzinsen im September um 75 Basispunkte angehoben hat und die Zinsen bei ihrer nächsten Sitzung im Oktober voraussichtlich erneut um 75 Basispunkte erhöhen wird.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei der geldpolitische Kurs im Euroraum immer noch akkommodierend, sagte Nagel. Das bedeute, dass sie die Wirtschaft und damit die Inflation weiterhin stimuliere. "Es liegt auf der Hand, dass wir diese Anreize rasch zurücknehmen müssen", mahnte er. "Und wenn dies nicht ausreicht, um die mittelfristigen Preisaussichten mit dem Ziel von 2 Prozent in Einklang zu bringen, werden wir den geldpolitischen Kurs in den restriktiven Bereich verlagern müssen."

Die EZB gehe allerdings davon aus, dass der Höhepunkt der aktuellen Inflationswelle im Euroraum bald erreicht sein werde. Und im Jahr 2023 sollten die Inflationsraten wahrscheinlich allmählich zurückgehen. "Das ist zumindest das allgemeine Bild, das die Inflationsprognosen verschiedener Institutionen, darunter auch des Eurosystems, zeichnen", schränkte Nagel ein.

Die jüngsten Erfahrungen hätten jedoch gelehrt, dass die Prognosen die aktuelle Inflationsdynamik systematisch unterschätzt haben. Und es gebe keine Garantie dafür, dass sie jetzt richtig erfasst werde.

"In der gegenwärtigen Situation sind die von Experten erstellten Basisprognosen daher möglicherweise ein weniger verlässlicher Wegweiser für angemessene geldpolitische Entscheidungen, als dies in der Vergangenheit der Fall war", sagte Nagel. "Daher sollten wir unsere Basisinflationsprognosen durch eine erweiterte Risikobewertung ergänzen und diese genau unter die Lupe nehmen."

Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

DJG/apo/kla

(END) Dow Jones Newswires

October 17, 2022 15:12 ET (19:12 GMT)

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