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05.12.2022 17:55:00
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flatexDEGIRO-Aktie bricht ein: BaFin stellt Mängel bei flatexDEGIRO fest - Geschäftsprognose weiter gekappt
Ein Börsenhändler sprach von "desaströsen" Nachrichten. Die Analysten der Deutschen Bank rechnen nun damit, dass die durchschnittliche Markterwartung für das diesjährige Ergebnis je Aktie (EPS) um 15 Prozent fallen könnte. Sie senkten ihr Kursziel auf neun Euro und bestätigten ihre "Hold"-Einstufung. Zuvor noch optimistische Häuser wie Exane BNP und Oddo BHF strichen ihre Kaufempfehlungen.
Der Kurs der im SDAX notierten Aktie sackte im frühen Handel um bis zu 38 Prozent auf rund 6,31 Euro. Zuletzt lag das Papier mit rund 25 Prozent im Minus bei 7,69 Euro. Zwischenzeitlich erreichte der Kurs den tiefsten Stand seit April 2020 - aus der Zeit des Crashs infolge der ersten Corona-Welle. Danach hatte sich das Blatt für flatexDEGIRO schnell gewendet. Das Papier gehörte lange Zeit zu den großen Gewinnern der Corona-Pandemie.
Wegen des Aktienhandel-Booms in der zweiten Hälfte 2020 sowie zu Beginn des Jahres 2021 hatte der Kurs bis auf fast 30 Euro im Sommer 2021 angezogen. Der Broker wurde damals mit mehr als drei Milliarden Euro bewertet. Doch seitdem ging es peu à peu bergab. Zuletzt war der Broker an der Börse gerade mal noch rund 850 Millionen Euro wert.
Größter Anteilseigner ist nach wie vor der Unternehmer und Verleger Bernd Förtsch, der das Unternehmen 1999 gegründet hat und heute direkt und indirekt knapp 19 Prozent hält. Daneben halten noch frühere Degiro-Anteilseigner und das Management größere Aktienpakete.
Der Mitteilung vom Wochenende zufolge hat die BaFin ihren Prüfungsbericht dem Broker bereits im November vorgelegt. Ein genaues Datum nannte flatexDEGIRO nicht. Allerdings werde die BaFin dem Unternehmen als Ergebnis der Prüfung "unter anderem auferlegen, eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation sicherzustellen". Zudem habe sie "vorübergehende zusätzliche Eigenmittelanforderungen angeordnet".
Nach eigenen Angaben hat das Unternehmen inzwischen "verschiedene Maßnahmen eingeleitet, um die aufsichtsrechtlichen Anforderungen innerhalb eines vorgegebenen Zeitrahmens zu erfüllen". Das Unternehmen werde weiterhin eng mit der BaFin zusammenarbeiten. Bereits jetzt habe die hauseigene flatexDEGIRO Bank mit Matthias Heinrich einen Risikochef bekommen. Zudem habe es organisatorische Veränderungen in der Leitung der Abteilungen Interne Kontrollen, Risikomanagement und Meldewesen gegeben.
Darüber hinaus haben Aufsichtsrat und Vorstand laut Mitteilung beschlossen, die flatexDEGIRO Bank AG mit weiteren 50 Millionen Euro aus eigenen Mitteln zu kapitalisieren. Bisher liege das harte Kernkapital des flatexDEGIRO-Konzerns bei 180 Millionen Euro. Auch der Überschuss des laufenden Jahres soll komplett einbehalten werden. Damit sehe das Management alle künftigen Wachstumsanstrengungen "ausreichend finanziert" und ohne die "Notwendigkeit von Kapitalmaßnahmen".
Verstärkt wird auch der Vorstand. So rückt der bisherige Finanzchef Muhamad Chahrour zum 1. Januar zum stellvertretenden Vorsitzenden und zum Leiter des Tagesgeschäfts (COO) auf. Diese Funktionen soll er sowohl bei flatexDEGIRO selbst als auch bei der flatexDEGIRO Bank ausüben. Er werde weiterhin für die operative und kommerzielle Entwicklung von Degiro und die strategische Entwicklung des Konzerns verantwortlich sein - gemeinsam mit Vorstandschef Frank Niehage. Neuer Finanzvorstand des Konzerns wird Benon Janos, der bisher die gleiche Funktion bei der flatexDEGIRO Bank ausübt.
Aus bisher zwei Vorstandsposten werden in diesem Zuge vier: Denn zum Jahreswechsel bekommt das Unternehmen mit Stephan Simmang einen Chief Technology Officer (CTO). Wie der neue Finanzvorstand Janos kommt der Manager aus dem eigenen Haus - und beide waren früher bei der US-Investmentbank Goldman Sachs. Zudem soll die bisherige Personalchefin Christiane Strubel in den Vorstand aufrücken, sobald alle regulatorischen Voraussetzungen dafür erfüllt sind.
Aufsichtsratschef Martin Korbmacher wertete die Schritte als folgerichtig. "Das erfolgreiche Wachstum von flatexDEGIRO zu Europas führendem Online-Broker erfordert auch, dass wir unsere internen Strukturen und Führungsgremien an diese neue Größe anpassen."
Vom steilen Wachstumskurs der Corona-Jahre ist bei flatexDEGIRO derzeit aber nur wenig zu sehen. Hohe Inflationsraten, Energiepreise und geopolitische Spannungen wirkten sich weiterhin negativ auf die Handelsaktivität von Privatanleger in Europa aus, teilte flatexDEGIRO weiter mit. Schon nach dem dritten Quartal hatte sich der Vorstand von einem Teil seiner Jahresziele verabschieden müssen.
Trotz erster Anzeichen für eine Aufhellung am Aktienmarktes im Oktober habe der Handel von Privatanlegern noch nicht zu den normalen saisonalen Mustern zurückgefunden, hieß es nun. So rechnet das Management in diesem Jahr jetzt nur noch mit einem Umsatz von etwa 380 Millionen Euro. Erst im Oktober hatte Niehage das Ziel von 400 bis 440 Millionen auf "mindestens" 400 Millionen eingedampft.
Auch der bereinigte operative Gewinn dürfte die angepeilte Höhe nicht erreichen. So rechnet der Vorstand jetzt nur noch mit einer bereinigten operativen Marge (Ebitda) von etwa 37 Prozent. Bisher hatte er den Vorjahreswert von gut 42 Prozent im Auge gehabt.
Niehage sieht dennoch keinen Grund, die Flinte ins Korn zu werfen. "Externe Faktoren haben die Handelsaktivität von Privatanlegern von einem Rekordhoch zu Beginn des Jahres 2021 zu einem Rekordtief im Jahr 2022 geführt". Dies mache es zum schwierigsten Jahr für die Online-Brokerage-Branche in Europa. Dennoch rechne er 2022 mit dem höchsten Jahresüberschuss aller Zeiten. Im kommenden Jahr werde der Überschuss nochmals deutlich vom steigenden Zinsniveau profitieren. Er äußerte sich daher "sehr zuversichtlich, unser profitables Wachstum im Jahr 2023 und darüber hinaus fortzusetzen".
flatexDEGIRO-Aktie sackt ab
Ein Börsenhändler sprach von "desaströsen" Nachrichten des Frankfurter Unternehmens. Und die Analysten der Deutschen Bank rechnen nun damit, dass die Konsensschätzung für das diesjährige Ergebnis je Aktie (EPS) um 15 Prozent fallen könnte.
Die Aktie zeigte sich im deutlich tiefer und verlor in Frankfurt im Vergleich zum Schluss vom Freitag schlussendlich 36,71 Prozent auf 6,46 Euro.
/stw/misFRANKFURT (dpa-AFX)
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