29.04.2019 13:00:22

DGAP-WpÜG: Befreiung ;


Zielgesellschaft: Eisen- und Hüttenwerke Aktiengesellschaft; Bieter: thyssenkrupp AG

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Für den Inhalt der Meldung ist der Bieter verantwortlich.
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Veröffentlichung des Tenors und der wesentlichen Gründe des Bescheids der
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 21.02.2019 über die
Befreiung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-
Angebotsverordnung von den Pflichten nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2
Satz 1 WpÜG in Bezug auf die Eisen- und Hüttenwerke Aktiengesellschaft,
Andernach

Mit Bescheid vom 21.02.2019 hat die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht ('BaFin') auf entsprechende Anträge die
thyssenkrupp Netherlands Project B.V. (künftig thyssenkrupp Tata Steel
B.V.) ('Antragstellerin zu 1.)'), die Orchid Netherlands (No. 1) B.V.
('Antragstellerin zu 2.)'), die T S Global Holdings Pte. Ltd.
('Antragstellerin zu 3.)'), die T Steel Holdings Pte. Ltd.
('Antragstellerin zu 4.)') und die Tata Steel Limited ('Antragstellerin zu
5.)', und zusammen mit den Antragstellerinnen zu 1.) bis 4.) die
'Antragstellerinnen') gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 2
Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung von der Verpflichtung gemäß § 35 Abs. 1 Satz
1 WpÜG, die Kontrollerlangung an der Eisen- und Hüttenwerke
Aktiengesellschaft, Andernach, zu veröffentlichen, sowie von den
Verpflichtungen gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG, der BaFin eine
Angebotsunterlage zu übermitteln und gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG i.V.m. §
14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit.

Der Tenor und die wesentlichen Gründe für die Befreiung werden nachfolgend
wiedergegeben.

Der Tenor des Bescheids der BaFin lautet wie folgt:

  1 Die Antragstellerinnen werden für den Fall, dass sie aufgrund der dann
    insgesamt vollzogenen Maßnahmen im Zuge des beabsichtigten
    Zusammenschlusses der europäischen Flachstahlaktivitäten der
    thyssenkrupp AG, Essen und Duisburg, mit den entsprechenden
    Geschäftsaktivitäten der Tata Steel Limited, Mumbai, Indien, erstmals
    die Stimmrechte aus 15.485.000 Stammaktien der Eisen- und Hüttenwerke
    Aktiengesellschaft, Andernach (entsprechend rund 87,98 % der
    Stimmrechte) zugerechnet erhalten und damit mittelbar die Kontrolle
    über die Eisen- und Hüttenwerke Aktiengesellschaft, Andernach,
    erlangen, jeweils gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 2
    Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung von der Verpflichtung gemäß § 35 Abs. 1
    Satz 1 WpÜG, die Kontrollerlangung zu veröffentlichen, sowie von den
    Verpflichtungen gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG, der Bundesanstalt für
    Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eine Angebotsunterlage zu
    übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG i.V.m. § 14 Abs. 2 Satz 1
    WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit.

  2 Die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1 des Tenors dieses Bescheids
    kann widerrufen werden (Widerrufsvorbehalt), wenn

                (a) der Zusammenschluss der europäischen
                    Flachstahlaktivitäten der thyssenkrupp AG, Essen und
                    Duisburg, mit den entsprechenden Geschäftsaktivitäten
                    der Tata Steel Limited, Mumbai, Indien, nicht erfolgt,
                    weil die folgenden Umstände für die Kontrollerlangung
                    an der Zielgesellschaft

  - die Bedingungen für den vorgenannten Zusammenschluss, wie in Schedule 1
    zum am 30.06.2018 zwischen der thyssenkrupp AG, Essen und Duisburg, der
    thyssenkrupp Technologies Beteiligungen GmbH, Essen, sowie den
    Antragstellerinnen zu 1.), 2.) und 5.) vereinbarten Einbringungsvertrag
    definiert, treten nicht ein bzw. fallen aus;

  - die Einbringung ihrer Beteiligung an der thyssenkrupp Dritte
    Beteiligungsgesellschaft mbH, Duisburg, in die Antragstellerin zu 1.)
    von Seiten der thyssenkrupp Technologies Beteiligungen GmbH, Essen,
    erfolgt nicht;

  - die Übertragung einer Beteiligung i.H.v. 50 % an der Antragstellerin zu
    1.) an die Antragstellerin zu 2.) von Seiten der thyssenkrupp
    Technologies Beteiligungen GmbH, Essen, findet nicht statt;

nicht verwirklicht werden/eintreten

und/oder

                (b) die Auflagen gemäß nachstehender Ziffer 3. (a.) bis
                    (b.) des Tenors dieses Bescheids nicht erfüllt werden.

  3 Die Befreiung gemäß Ziffer 1. des Tenors dieses Bescheids ergeht unter
    folgenden Auflagen:

                (a) Die Antragstellerinnen haben der BaFin unverzüglich
                    mitzuteilen, wann die Umstände für die
                    Kontrollerlangung an der Zielgesellschaft nach Maßgabe
                    von Ziffer 2. (a.) des Tenors dieses Bescheids
                    verwirklicht worden/eingetreten sind und der BaFin
                    hierzu geeignete Nachweise vorzulegen.

                (b) Die Antragstellerinnen haben der BaFin jedes Ereignis,
                    jeden Umstand und jedes Verhalten, das den Widerruf der
                    Befreiung gemäß Ziffer 2 (a.) bis (b.) des Tenors
                    dieses Bescheids rechtfertigen könnte, unverzüglich
                    mitzuteilen.

Die Befreiung beruht im Wesentlichen auf den folgenden Gründen:



A

I.

Zielgesellschaft ist die Eisen- und Hüttenwerke Aktiengesellschaft, eine
Aktiengesellschaft deutschen Rechts mit Sitz in Andernach (nachfolgend die
'Zielgesellschaft'), eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts
Koblenz unter HRB 15400, deren satzungsmäßiger Unternehmensgegenstand gemäß
§ 2 Nr. 1 der Satzung der Zielgesellschaft in der Fassung November 2012 der
Erwerb, die Verwaltung und Veräußerung von Unternehmen, die Eisen, Stahl
sowie andere Metalle und Werkstoffe herstellen und verarbeiten, sowie die
Vornahme aller hiermit verbundenen Handelsgeschäfte ist.

Das Grundkapital der Zielgesellschaft i.H.v. 45.056.000,- EUR ist
eingeteilt in 17.600.000 auf den Inhaber lautende Stückaktien mit einem
rechnerischen Anteil am Grundkapital von 2,56 EUR je Aktie. Die Aktien der
Zielgesellschaft sind unter der ISIN DE0005658009 zum Handel im Regulierten
Markt der Frankfurter Wertpapierbörse (General Standard) sowie der Börsen
Berlin, Düsseldorf und Stuttgart zugelassen, ferner zum Freiverkehr an der
Börse Hamburg und werden zudem via XETRA gehandelt.

II.

Die unmittelbaren Beteiligungsverhältnisse an der Zielgesellschaft sind
derzeit wie folgt:

Die thyssenkrupp Steel Europe AG, Duisburg, hält 15.485.000 Stammaktien der
Zielgesellschaft (entsprechend rund 87,98 % der Stimmrechte).

Die verbleibenden 2.115.000 Stammaktien der Zielgesellschaft (entsprechend
rund 12,02 % der Stimmrechte) befinden sich im Streubesitz.

III.

1.

Causa der Befreiungsanträge ist der beabsichtigte Zusammenschluss der
europäischen Flachstahlaktivitäten der thyssenkrupp AG, Essen und Duisburg
(nachfolgend 'thyssenkrupp' und zusammen mit den Tochterunternehmen von
thyssenkrupp der 'thyssenkrupp-Konzern') mit den entsprechenden
Geschäftsaktivitäten der Antragstellerin zu 5.) aus dem Kreis des
entsprechenden indischen Konzerns (nachfolgend der 'Tata-Konzern').

Der vorgenannte Zusammenschluss der beiderseitigen europäischen
Flachstahlaktivitäten (nachfolgend der 'Zusammenschluss' oder aber die
'Transaktion') soll dabei im Rahmen eines 50 %/50 %-Joint Ventures erfolgen
(nachfolgend das 'Joint Venture'). Als Holding des Joint Ventures soll die
Antragstellerin zu 1.) fungieren.

Zum Zwecke des Zusammenschlusses haben thyssenkrupp, die thyssenkrupp
Technologies Beteiligungen GmbH, Essen, sowie die Antragstellerinnen zu
1.), 2.) und 5.) am 30.06.2018 u.a. einen Einbringungsvertrag im Hinblick
auf den Zusammenschluss im Rahmen des Joint Ventures unterzeichnet
(nachfolgend der 'Einbringungsvertrag').

Auf Basis des Einbringungsvertrags wird thyssenkrupp seine im
Geschäftsbereich Steel Europe gebündelten europäischen
Flachstahlaktivitäten (nachfolgend die 'thyssenkrupp-
Flachstahlaktivitäten') in das Joint Venture einbringen.

Die thyssenkrupp-Flachstahlaktivitäten sind dabei im Wesentlichen in den
drei Gesellschaften thyssenkrupp Steel Europe AG, Duisburg, Thyssen Stahl
GmbH, Düsseldorf, und Krupp Hoesch Stahl GmbH, Dortmund, verankert.
Maßgebliche operative Gesellschaft ist nach Angabe der Antragstellerinnen
die thyssenkrupp Steel Europe AG, Duisburg. Daneben gibt es in das Joint
Venture einzubringende Aktivitäten aus dem thyssenkrupp-Konzern, die nicht
von den thyssenkrupp-Flachstahlaktivitäten erfasst, sondern derzeit anderen
Geschäftsbereichen zugeordnet sind. Hinsichtlich der thyssenkrupp-
Flachstahlaktivitäten bestehen im Hinblick auf die vorgenannten drei
Gesellschaften thyssenkrupp Steel Europe AG, Duisburg, Thyssen Stahl GmbH,
Düsseldorf, und Krupp Hoesch Stahl GmbH, Dortmund, im Zeitpunkt des letzten
Antragsschreibens im Detail folgende Beteiligungsverhältnisse:

Die thyssenkrupp Steel Europe AG, Duisburg, die Mehrheitsaktionärin der
Zielgesellschaft, wird zu 100 % von der Thyssen Stahl GmbH, Düsseldorf,
gehalten.

Die Thyssen Stahl GmbH, Düsseldorf, wird - nach dem erfolgten Vollzug
erster Reorganisationsmaßnahmen in 2018 - zu 82,64 % von der neu
gegründeten Holdinggesellschaft thyssenkrupp Dritte
Beteiligungsgesellschaft mbH, Duisburg (nachfolgend die 'NewCo'), gehalten.
Die NewCo wird ihrerseits zu 100 % von der thyssenkrupp Technologies
Beteiligungen GmbH, Essen, gehalten, diese wiederum zu 100 % von
thyssenkrupp. Weitere 17,36 % der Thyssen Stahl GmbH, Düsseldorf, werden
von der Krupp Hoesch Stahl GmbH, Dortmund, gehalten.

Die Krupp Hoesch Stahl GmbH, Dortmund, wird - nach dem erfolgten Vollzug
erster Reorganisationsmaßnahmen in 2018 - zu 100 % ebenfalls von der NewCo
gehalten.

2.

Zum Zweck des erfolgreichen Zusammenschlusses werden dem Vortrag der
Antragstellerinnen nach auf Seiten des thyssenkrupp-Konzerns im Vorfeld
verschiedene Umsetzungsmaßnahmen auf Basis der Regelungen des
Einbringungsvertrags vollzogen (nachfolgend die 'thyssenkrupp-
Reorganisationsmaßnahmen').

Die Antragstellerinnen fassen in diesem Kontext zusammen, dass das zentrale
Element der thyssenkrupp-Reorganisationsmaßnahmen 'die Bündelung der
inländischen Aktivitäten inklusive der unmittelbar und mittelbar von der
thyssenkrupp Steel Europe AG, Duisburg, gehaltenen Beteiligungen an
ausländischen Gesellschaften unter dem Dach der NewCo' ist. Die NewCo
fungiere in diesem Zusammenhang als reine (Zwischen-)Holdinggesellschaft
ohne eigenen Geschäftsbetrieb. Das Gleiche gelte hinsichtlich der
thyssenkrupp Second Participations B.V., Vegel, Niederlande (nachfolgend
die 'NLCO'), in der dann die weiteren ausländischen Aktivitäten
zusammengefasst sind.

Gemäß dem Vortrag der Antragstellerinnen soll die thyssenkrupp Technologies
Beteiligungen GmbH, Essen, als Teil des Vollzugs des Zusammenschlusses ihre
Beteiligungen an der NewCo und an der NLCO (damit also die thyssenkrupp-
Flachstahlaktivitäten) in die Antragstellerin zu 1.) einbringen. Die
Antragstellerin zu 1.) hätte dann die Funktion als Joint Venture-
Gesellschaft. Es steht dem Vortrag der Antragstellerinnen nach fest, dass
die Antragstellerin zu 1.) am Ende des Vollzugstages die vorgenannten
Anteile halten wird, die ihrerseits über die thyssenkrupp Steel Europe AG,
Duisburg, die Kontrollposition in Bezug auf die Zielgesellschaft
vermitteln. Dabei wird die Antragstellerin zu 1.) dann jeweils zur Hälfte
von der thyssenkrupp Technologies Beteiligungen GmbH, Essen, aus dem Kreis
des thyssenkrupp-Konzerns und der Antragstellerin zu 2.) aus dem Kreis des
Tata-Konzerns gehalten werden. Insgesamt erhielten am Vollzugstag
jedenfalls sämtliche Antragstellerinnen mittelbar die Kontrolle über die
Zielgesellschaft.

Zu den wesentlichen Parametern des Einbringungsvertrags zählen neben den
wechselseitigen Verpflichtungen der Parteien im Hinblick auf den
Zusammenschluss auch Bedingungen für den Vollzug des Zusammenschlusses,
verschiedene Freistellungen und Verpflichtungen zur Verteilung von
Transaktionsrisiken sowie weitere Regelungen, die das Verhältnis der
Vertragspartner des Einbringungsvertrags im Hinblick gerade auf die
Gründung des Joint Ventures betreffen.

3.

Gemäß dem Einbringungsvertrag bringe die thyssenkrupp Technologies
Beteiligungen GmbH, Essen, die sämtlichen Anteile an der NewCo gegen
Ausgabe neuer Anteile erst dann in Antragstellerin zu 1.) ein, wenn die
verschiedenen, im Schedule 1 zum Einbringungsvertrag aufgelisteten
aufschiebenden Bedingungen erfüllt seien. Insbesondere, aber nicht nur,
gehe es dabei um die erforderliche Freigabe durch die zuständigen
Fusionskontrollbehörden. Sind alle Bedingungen für den Vollzug des
Zusammenschlusses erfüllt, wird der Zusammenschluss an dem Tag der letzten
Erfüllungshandlung vollzogen (nachfolgend der 'Vollzugstag').

4.

Schließlich haben die Vertragspartner des Einbringungsvertrags am
30.06.2018 eine Aktionärsvereinbarung (nachfolgend die
'Aktionärsvereinbarung') abgeschlossen, die mit Vollzug des
Zusammenschlusses in Kraft tritt und in der verschiedene Punkte der
zukünftigen Ausgestaltung und Führung des Joint Ventures vereinbart wurden.

IV.

Zu sich selbst machen die Antragstellerinnen folgende Angaben, wobei
bezogen auf die beiden Partner des künftigen Joint Ventures (1.) nach dem
Strang thyssenkrupp-Konzern, und (2.) nach dem Strang Tata-Konzern
differenziert werden kann.

1.

Die Antragstellerin zu 1.) wird gegenwärtig unmittelbar zu 100 % von der
thyssenkrupp Technologies Beteiligungen GmbH, Essen, gehalten, diese
wiederum zu 100 % von thyssenkrupp.

2.

Die Antragstellerin zu 2.) wird zu 100 % von der Antragstellerin zu 3.)
gehalten.

Die Antragstellerin zu 3.) wird ferner zu 100 % von der Antragstellerin zu
4.) gehalten.

Die Antragstellerin zu 4.) wird schließlich zu 100 % von der
Antragstellerin zu 5.) gehalten.

Angabegemäß wird die Antragstellerin zu 5.) nicht beherrscht.

V.

Zum Buchwertsachverhalt tragen die Antragstellerinnen unter anderem
Folgendes vor:

1.

thyssenkrupp habe im Zusammenhang mit dem geplanten Zusammenschluss im
Rahmen eines Joint Ventures zusammengefasste kombinierte Finanzkennzahlen
für die thyssenkrupp-Flachstahlaktivitäten bezogen auf die Geschäftsjahre
2014/2015, 2015/2016 und 2016/2017 zusätzlich erstellt und prüfen lassen.
Da es sich bei den thyssenkrupp-Flachstahlaktivitäten um keinen Konzern
i.S. IFRS handele, habe es hierfür zuvor keinerlei konsolidierte
Finanzberichte gegeben. Grundlage des im Ergebnis der vorgenannten Prüfung
von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bestätigten Prüfberichts
(nachfolgend der 'thyssenkrupp-Flachstahlaktivitäten Prüfbericht 2018')
seien diejenigen Finanzkennzahlen gewesen, die in den Konzernabschluss von
thyssenkrupp eingegangen sind.

Die Antragstellerinnen erklären im Zusammenhang mit dem thyssenkrupp-
Flachstahlaktivitäten Prüfbericht 2018, dass sich unter Berücksichtigung
verschiedener seit dem 30.09.2017 durchgeführter Übertragungs- und
Veräußerungsvorgänge sowie unter Vorwegnahme der vereinbarten Reduzierung
der Nettofinanzverbindlichkeiten der von thyssenkrupp in das Joint Venture
einzubringenden Gesellschaften - retrospektiv aus Sicht vom 08.11.2018
betrachtet zum Stichtag 30.09.2017 - ein indikativ kombiniertes buchmäßiges
Aktivvermögen i.H.v. rund (geschwärzt) EUR ergebe.

2.

Laut dem entsprechenden Konzernabschluss von thyssenkrupp betrug das EBIT
der thyssenkrupp-Flachstahlaktivitäten im Geschäftsjahr 2016/2017 rund 493
Mio. EUR und das bereinigte EBIT rund 547 Mio. EUR. Die Antragstellerinnen
befinden es dabei allerdings aus Gründen der bei einer
Vergleichsbetrachtung ratsamen Methodengleichheit für vorzugswürdig, die
entsprechenden EBIT-Parameter auf Basis der Gewinn- und Verlustrechnung aus
dem relevanten Einzelabschlusses zum 30.09.2017 zu betrachten. Gemäß dem
Jahresabschluss der thyssenkrupp Steel Europe AG, Duisburg, zum 30.09.2017
ergibt sich ein deutlich geringeres abgeleitetes EBIT der thyssenkrupp
Steel Europe AG, Duisburg, für das Geschäftsjahr 2016/2017, wobei die
Antragstellerinnen im Detail weiter auf die spezifischen
Berechnungspositionen verweisen.

3.

Den Buchwert der von der thyssenkrupp Steel Europe AG, Duisburg, gehaltenen
Beteiligung an der Zielgesellschaft geben die Antragstellerinnen zum
30.09.2017 und auch seither unverändert auf Basis einer Bestätigung der
thyssenkrupp Steel Europe AG, Stahl GmbH, Duisburg, vom 13.06.2018 mit rund
(geschwärzt) EUR an.

Weiterhin verweisen die Antragstellerinnen auf Basis des Schlusskurses der
Aktie der Zielgesellschaft vom 02.07.2018 auf eine Marktkapitalisierung der
Zielgesellschaft von rund 363 Mio. EUR und einen Börsenwert der von der
thyssenkrupp Steel Europe AG, Duisburg, gehaltenen Beteiligung an der
Zielgesellschaft von rund 319  Mio. EUR.

Ferner betrug das EBIT der Zielgesellschaft (abgeleitet aus der Gewinn- und
Verlustrechnung zum Einzelabschluss der Zielgesellschaft für das
Geschäftsjahr 2016/2017 zum 30.09.2017 rund (geschwärzt) EUR. Auch hierzu
tragen die Antragstellerinnen die spezifischen Berechnungspositionen vor.

4.

Die Antragstellerinnen haben am 19.07.2018 beantragt, sie im Hinblick auf
eine Erlangung der Kontrolle über die Zielgesellschaft durch Zurechnung von
15.485.000 stimmberechtigten Stammaktien an der Zielgesellschaft von der
Verpflichtung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, die Kontrollerlangung an der
EHW zu veröffentlichen, sowie von den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 2 Satz
1 WpÜG, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eine
Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung
mit § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, zu
befreien.

B.

Die Antragstellerinnen sind gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG i.V.m. § 9
Satz 2 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung von den Pflichten aus § 35 Abs. 1 Satz
1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG zu befreien, da ihre Antrage zulässig und
begründet sind.

I.

Die Anträge der Antragstellerinnen sind zulässig. Insbesondere sind sie
fristgerecht gestellt worden. Laut § 8 Satz 2 WpÜG-Angebotsverordnung
können Anträge i.S.d. § 37 Abs. 1 WpÜG vor Kontrollerlangung über die
Zielgesellschaft und innerhalb von sieben Kalendertagen nach dem Zeitpunkt
gestellt werden, zu dem der Bieter Kenntnis davon hat oder nach den
Umständen haben musste, dass er die Kontrolle über die Zielgesellschaft
erlangt hat.

Die Antragstellerinnen haben Umstände vorgetragen, nach denen von einer
Antragstellung vor Kontrollerlangung über die Zielgesellschaft auszugehen
ist. In diesem Falle muss sich der zeitnahe Kontrollerwerb zum Zeitpunkt
der Antragstellung als vorhersehbar (BT-Drs. 14/7034 v. 05.10.2001, S. 81)
und aus Gründen der Sicherstellung der ernsthaften Bereitschaft zum
Kontrollerwerb als sehr wahrscheinlich darstellen. Diesen Voraussetzungen
ist vorliegend Genüge getan. Denn die Antragstellerinnen haben insoweit
einen geplanten und teilweise auch - in Bezug auf die thyssenkrupp-
Reorganisationsmaßnahmen - bereits vollzogenen Geschehensablauf im Zuge des
avisierten Zusammenschlusses substantiiert vorgetragen, welcher - auch mit
Blick auf die umfangreichen Vorbereitungshandlungen - nicht nur einen losen
Plan vermuten lassen, sondern vielmehr in valider Weise nahelegen, dass die
Antragstellerinnen alsbald (am Vollzugstag) jeweils mittelbar die Kontrolle
über die Zielgesellschaft i.S.d. §§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG erlangen werden.

Diese Vorbereitungshandlungen lassen es insgesamt in vorhersehbarer und
sehr wahrscheinlicher Weise erwarten, dass bei planmäßigem Geschehensablauf
folgende zur mittelbaren Kontrollerlangung der Antragstellerinnen an der
Zielgesellschaft insbesondere erforderlichen Restumstände (nachfolgend die
'Restumstände für die Kontrollerlangung an der Zielgesellschaft')
eintreten:

  - Erfüllung verschiedener Bedingungen für den Zusammenschluss wie v.a.
    die Fusionskontrollfreigabe;

  - Übertragung einer Beteiligung i.H.v. 50 % an der Antragstellerin zu 1.)
    an die Antragstellerin zu 2.) von Seiten der thyssenkrupp Technologies
    Beteiligungen GmbH, Essen;

  - Einbringung ihrer Beteiligung an der NewCo in die Antragstellerin zu
    1.) von Seiten der thyssenkrupp Technologies Beteiligungen GmbH, Essen.

Mit Verwirklichung/Eintritt der Restumstände für die Kontrollerlangung an
der Zielgesellschaft würden zunächst die Antragstellerin zu 1.), dann die
übrigen Antragstellerinnen in eine Kontrollposition die Zielgesellschaft
betreffend geraten. In Bezug auf die Antragstellerinnen zu 2.) bis 5.)
waren die seit jeher bestehenden Beherrschungsverhältnisse im Tata-Konzern
zu berücksichtigen. Letztere bedeuten, dass bei Erwerb der Kontrollposition
die Zielgesellschaft betreffend von Seiten der Antragstellerin zu 2.)
zugleich auch die Antragstellerinnen zu 3.) bis 5.) in eine solche
Kontrollposition einrücken.

III.

Die Anträge der Antragstellerinnen sind ferner auch begründet, da die
Vorausset-zungen für eine Befreiung i.S.d. § 37 Abs. 1 und Abs. 2 WpÜG
i.V.m. § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung vorliegen und das Interesse
der Antragstellerinnen an einer Befreiung von den Pflichten aus § 35 Abs. 1
Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG das Interesse der außenstehenden Aktionäre an
einem öffentlichen Pflichtangebot überwiegt.

1.

Die Antragstellerinnen werden mit Verwirklichung/Eintritt der Restumstände
für die Kontrollerlangung an der Zielgesellschaft jeweils mittelbar die
Kontrolle i.S.d. §§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG über die Zielgesellschaft erlangen.

a.

Zum einen wird die Antragstellerin zu 1.) aller Voraussicht nach mittelbar
die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangen. Aufgrund der
Vorbereitungshandlungen, insbesondere aufgrund der Festlegungen im
Einbringungsvertrag, ist in sehr wahrscheinlicher Art und Weise davon
auszugehen, dass die Antragstellerin zu 1.) im Zuge der Verwirklichung/des
Eintritts der Restumstände für die Kontrollerlangung an der
Zielgesellschaft die Kontrollschwelle i.S.d. §§ 35, 29 Abs. 2 WpÜG
überschreitet.

Denn ab dem Vollzugstag werden dann die rund 87,98 % der Stimmrechte aus
von der thyssenkrupp Steel Europe AG, Duisburg, unmittelbar gehaltenen
15.485.000 Stammaktien der Zielgesellschaft, auch auf die Antragstellerin
zu 1.) zugerechnet. Dies ergibt sich im Detail aus folgenden
Zurechnungsaspekten:

Bereits bislang wurden die vorgenannten rund 87,98 % der Stimmrechte aus
von der thyssenkrupp Steel Europe AG, Duisburg, unmittelbar gehaltenen
15.485.000 Stammaktien der Zielgesellschaft, gemäß der §§ 30 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1, Satz 3, 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. 290 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 HGB
auf die Thyssen Stahl GmbH, Düsseldorf, zugerechnet, da die thyssenkrupp
Steel Europe AG, Duisburg, zu 100 % von der Thyssen Stahl GmbH, Düsseldorf,
gehalten wird und somit auch die Stimmrechtsmehrheit an der thyssenkrupp
Steel Europe AG, Duisburg, bei der Thyssen Stahl GmbH, Düsseldorf, liegt.

Seit dem 31.08.2018 werden die vorgenannten rund 87,98 % der Stimmrechte
aus von der thyssenkrupp Steel Europe AG, Duisburg, unmittelbar gehaltenen
15.485.000 Stammaktien der Zielgesellschaft, ferner gemäß der §§ 30 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1, Satz 3, 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. 290 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr.
1, Abs. 3 HGB weiter auf die NewCo zugerechnet, da die NewCo seit dem
31.08.2018 eine Beteiligung i.H.v. rund 82,64 % an der Thyssen Stahl GmbH,
Düsseldorf, hält, so dass der NewCo auch die Stimmrechtsmehrheit an der
Thyssen Stahl GmbH, Düsseldorf, zusteht.

Sofern die NewCo im Zuge der Verwirklichung/des Eintritts der Restumstände
für die Kontrollerlangung an der Zielgesellschaft erwartungsgemäß in die
Antragstellerin zu 1.) eingebracht wird, werden die vorgenannten rund 87,98
% der Stimmrechte aus von der thyssenkrupp Steel Europe AG, Duisburg,
unmittelbar gehaltenen 15.485.000 Stammaktien der Zielgesellschaft, zudem
gemäß der §§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3, 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. 290 Abs.
1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 HGB weiter auf die Antragstellerin zu 1.)
zugerechnet, da die Antragstellerin zu 1.) zu 100 % an der NewCo beteiligt
sein wird, so dass ihr daher auch die Stimmrechtsmehrheit an der NewCo
zukommt.

b.

Zum anderen wird auch die Antragstellerin zu 2.) aller Voraussicht nach
mittelbar die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangen. Da es im
Vorfeld des Vollzugstags im Zuge der Verwirklichung der Restumstände für
die Kontrollerlangung an der Zielgesellschaft zur Übertragung einer
Beteiligung i.H.v. 50 % an der Antragstellerin zu 1.) an die
Antragstellerin zu 2.) von Seiten der thyssenkrupp Technologies
Beteiligungen GmbH, Essen, gekommen sein wird, wird schließlich i.e.S. das
avisierte Joint Venture begründet.

Die Begründung des Joint Ventures wird unter Berücksichtigung/Ergänzung der
vorgenannten Zurechnungskette dann auch zur Zurechnung der rund 87,98 % der
Stimmrechte aus von der thyssenkrupp Steel Europe AG, Duisburg, unmittelbar
gehaltenen 15.485.000 Stammaktien der Zielgesellschaft auf die
Antragstellerin zu 2.) führen. Denn die Begründung des Joint Ventures führt
nicht nur konzernrechtlich betrachtet dazu, dass die Antragstellerin zu 1.)
zu einem Gemeinschaftsunternehmen der Antragstellerin zu 2.) und der
thyssenkrupp Technologies Beteiligungen GmbH, Essen, wird. Vielmehr wird
dann auch kapitalmarktrechtlich eine Zurechnung der rund 87,98 % der
Stimmrechte aus von der thyssenkrupp Steel Europe AG, Duisburg, unmittelbar
gehaltenen 15.485.000 Stammaktien der Zielgesellschaft auf die
Antragstellerin zu 2.) und die thyssenkrupp Technologies Beteiligungen
GmbH, Essen, gemäß der §§ 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3, 2 Abs. 6 WpÜG, 17
Abs. 1 und 2, 16 Abs. 4 AktG und den Grundsätzen der sog.
Mehrmütterherrschaft begründet. Hinsichtlich der Antragstellerin zu 2.)
wird dann erstmals eine Zurechnung bezogen auf jene rund 87,98 %
Stimmrechte begründet.

Eine mehrfache Abhängigkeit im Wege der sog. Mehrmütterherrschaft kommt
dabei grundsätzlich nur in Betracht, wenn mehrere Subjekte auf rechtlich
gesicherter Grundlage derart koordiniert vorgehen, dass erst die Summe
ihrer Einflusspotentiale beherrschenden Einfluss ermöglicht (vgl. BGHZ 62,
193, 196 ff.; BGHZ 99, 1, 3; ferner Koppensteiner, in: Hirte/v. Bülow
(Hrsg.), Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, Band 1, 3. Aufl. (2010), § 17
Rn. 83, 91). Die erforderliche rechtlich gesicherte Grundlage kann dabei in
Form vertraglicher Vereinbarungen wie etwa Pool- oder Konsortialverträgen
oder in Form von sonstigen rechtlichen oder rein tatsachlichen Umständen
vorliegen (Bülow, in: Hirte/Mollers (Hrsg.), Kölner Kommentar zum WpHG, 2.
Aufl. (2014), § 22 Rn. 326; Hippeli/Boucsein, JuS 2016, 546 (550)).
Vorliegend ist dabei zu erblicken, dass die Vertragsparteien der
Aktionärsvereinbarung bereits Regelungen zum modus vivendi in Bezug v.a.
auf das Abstimmungsverhalten in der Antragstellerin zu 1.) getroffen haben.
Diese Aktionärsvereinbarung tritt im Falle des Vollzugs des
Zusammenschlusses in Kraft und weist sodann die Eignung zu einer
Koordinierung auf rechtlich gesicherter Grundlage auf.

c.

Ferner wird auch die Antragstellerin zu 3.) aller Voraussicht nach
mittelbar die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangen. Dies wird
automatisch dann der Fall sein, sobald auch die Antragstellerin zu 2.) die
Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt.

Ab diesem Zeitpunkt werden die maßgeblichen rund 87,98 % der Stimmrechte
aus von der thyssenkrupp Steel Europe AG, Duisburg, unmittelbar gehaltenen
15.485.000 Stammaktien der Zielgesellschaft gemäß der §§ 30 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1, Satz 3, 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. 290 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1,
Abs. 3 HGB auch auf die Antragstellerin zu 3.) zugerechnet, da die
Antragstellerin zu 3.) zu 100 % an der Antragstellerin zu 2.) beteiligt
ist, so dass ihr daher auch die Stimmrechtsmehrheit an der Antragstellerin
zu 2.) zukommt.

d.

Auch wird die Antragstellerin zu 4.) aller Voraussicht nach mittelbar die
Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangen. Dies wird aufgrund der
bestehenden Beherrschungsverhältnisse ebenfalls wie im Hinblick auf die
Antragstellerin zu 3.) automatisch dann der Fall sein, sobald auch die
Antragstellerin zu 2.) die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt.

Ab diesem Zeitpunkt werden die maßgeblichen rund 87,98 % der Stimmrechte
aus von der thyssenkrupp Steel Europe AG, Duisburg, unmittelbar gehaltenen
15.485.000 Stammaktien der Zielgesellschaft gemäß der §§ 30 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1, Satz 3, 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. 290 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1,
Abs. 3 HGB weiter auch auf die Antragstellerin zu 4.) zugerechnet, da die
Antragstellerin zu 4.) zu 100 % an der Antragstellerin zu 3.) beteiligt
ist, so dass ihr daher auch die Stimmrechtsmehrheit an der Antragstellerin
zu 3.) zukommt.

e.

Schließlich wird auch die Antragstellerin zu 5.) aller Voraussicht nach
mittelbar die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangen. Dies wird
aufgrund der bestehenden Beherrschungsverhältnisse ebenfalls wie im
Hinblick auf die Antragstellerinnen zu 3.) und 4.) automatisch dann der
Fall sein, sobald auch die Antragstellerin zu 2.) die Kontrolle über die
Zielgesellschaft erlangt.

Ab diesem Zeitpunkt werden die maßgeblichen rund 87,98 % der Stimmrechte
aus von der thyssenkrupp Steel Europe AG, Duisburg, unmittelbar gehaltenen
15.485.000 Stammaktien der Zielgesellschaft gemäß der §§ 30 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1, Satz 3, 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. 290 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1,
Abs. 3 HGB weiter auch auf die Antragstellerin zu 5.) zugerechnet, da die
Antragstellerin zu 5.) zu 100 % an der Antragstellerin zu 4.) beteiligt
ist, so dass ihr daher auch die Stimmrechtsmehrheit an der Antragstellerin
zu 4.) zukommt.

2.

Tragender Befreiungsgrund ist vorliegend § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-
Angebotsverordnung als Konkretisierung von § 37 Abs. 1 Var. 2 WpÜG.

a.

Bei der vorliegenden mittelbaren Kontrollerlangung an der Zielgesellschaft
durch die Antragstellerinnen handelt es sich um eine in § 9 Satz 2 Nr. 3
WpÜG-Angebotsverordnung umschriebene Konstellation, in der Antragsteller
nach der gesetzgeberischen Wertung befreiungswürdig sind, wenn der Buchwert
der Beteiligung an der Zielgesellschaft weniger als 20 % des buchmäßigen
Aktivvermögens der Zwischen-gesellschaft beträgt. In einer typisierten
Betrachtung wird davon ausgegangen, dass die Zielgesellschaft, anders als
die Zwischengesellschaft, regelmäßig nicht das eigentliche Ziel des
Erwerbs, sondern lediglich dessen mittelbare Folge ist, weil der Wert der
Zielgesellschaft gegenüber dem Gesamtwert der Zwischengesellschaft
wirtschaftlich in den Hintergrund tritt. Im Einklang mit Sinn und Zweck des
§ 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung erfasst die Vorschrift dabei auch
den Erwerb über mehrere Beteiligungsebenen hinweg, also unter Einschaltung
weiterer 'Zwischengesellschaften' (vgl. für die insoweit ganz h.M. etwa
Versteegen, in: Hirte/v. Bülow (Hrsg.), Kölner Kommentar zum WpÜG, 2. Aufl.
(2010), § 37 Anh./§ 9 Angebotsverordnung Rn. 52; Hecker, in: Baums/Thoma/
Verse (Hrsg.), WpÜG, 5. ErgL. (2011), § 37 Rn. 123).

Umstritten ist in solch mehrstufigen Konstellationen allerdings, in Bezug
auf welche Beteiligungsebenen die 20 %-Buchwert-Schwelle eingehalten werden
muss. Dabei lautet die Verwaltungspraxis der BaFin dahingehend, dass
anstelle einer formaljuristischen Betrachtung eine materiellen und
wirtschaftlichen Kriterien folgende Aus-wahl der zu vergleichenden
Buchwerte vorzunehmen ist (vgl. Strunk/Salomon/Holst, in: Veil (Hrsg.),
Übernahmerecht in Praxis und Wissenschaft, 2009, S. 39 ff.). Als
Bezugsgröße ist daher das buchmäßige Aktivvermögen der wirtschaftlich
maßgeblichen Gesellschaft heranzuziehen. Durch dieses wertende Kriterium
können allgemein zum Vorteil eines Antragstellers Verwerfungen, die sich
auf Grund von Beteiligungsstruktur und Bilanzfragen ergeben, ausgeglichen
werden, ohne den Sinn und Zweck der Befreiung durch den wohl zu weit
reichenden Ansatz des Schrifttums zu konterkarieren. Denn das
wirtschaftliche Gewicht der Übernahme muss nicht zwangsläufig auf dem
Erwerb der unmittelbar erworbenen Gesellschaft(sbeteiligung) liegen,
vielmehr kann auch eine von dieser kontrollierten Gesellschaft das
maßgebliche Bezugsobjekt darstellen.

Wirtschaftlich maßgeblich sind vorliegend ganz offensichtlich die
thyssenkrupp-Flachstahlaktivitäten insgesamt, welche vorliegend allerdings
nicht in einer Gesellschaft alleine konzentriert sind, sondern sich auf
mehrere Gesellschaften im In- und Ausland verteilen, wobei allerdings die
thyssenkrupp Steel Europe AG, Duisburg, ganz offensichtlich von zentraler
Bedeutung ist. Vorliegend besteht allerdings die besondere Schwierigkeit
einer mangelnden Trennschärfe und nicht existenten bilanziellen
Konsolidierung der thyssenkrupp-Flachstahlaktivitäten i.e.S. Das für die
maßgebliche Vergleichsgröße heranzuziehende und sich (nur) aus Anlage- und
Umlaufvermögen zusammensetzende relevante buchmäßige Aktivvermögen (vgl.
Strunk/Salomon/Holst, in: Veil (Hrsg.), Übernahmerecht in Praxis und
Wissenschaft, 2009, S. 41) kann somit ausnahmsweise nicht exakt bestimmt
werden. Vielmehr kann es in solchen Fällen, in denen sich das buchmäßige
Aktivvermögen der Zwischengesellschaft über ein ganzes Geschäftsfeld mit
zahlreichen Gesellschaften erstreckt, nur um eine Betrachtung von
Näherungswerten gehen, welche dann zumindest plausibel sein müssen. Die
Antragstellerinnen haben insoweit als geringsten Näherungswert rund
(geschwärzt) EUR benannt. Zur Untermauerung erfolgte ein konkretisierter
Vortrag zum buchmäßigen Aktivvermögen. Angesichts der im Fortgang der
Transaktion bereits umgesetzten Maßnahmen erscheinen die hierin dargelegten
Angaben und Einschätzungen plausibel.

Der Buchwert der von der thyssenkrupp Steel Europe AG, Stahl GmbH,
Duisburg, gehaltenen Beteiligung an der Zielgesellschaft liegt demgegenüber
angabegemäß bei rund (geschwärzt) EUR.

Miteinander ins Verhältnis gesetzt entfiele auf die Zielgesellschaft damit
ein Anteil von rund 1,4 %. Daher bleiben die Antragstellerinnen deutlich
unter der maßgeblichen 20 %-Grenze des § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-
Angebotsverordnung. Einer exakten Festlegung des buchmäßigen Aktivvermögens
der wirtschaftlich maßgeblichen Gesellschaft bedarf es dabei jedenfalls
dann nicht, sofern es wie vorliegend in keinerlei Hinsicht möglich
erscheint, dass die 20 %-Grenze des § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-
Angebotsverordnung erreicht oder überschritten wird. Die einschlägige Quote
alleine liefert bereits ein hinreichend starkes Indiz dafür, dass das
Vorhaben des Zusammenschlusses nicht auf den Kontrollerwerb betreffend die
Zielgesellschaft gerichtet war.

b.

Es sind vorliegend auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, nach denen die
Antragstellerinnen trotz des Unterschreitens der Schwelle von 20 % ein
besonderes Interesse am Erwerb einer Kontrollbeteiligung an der
Zielgesellschaft verfolgt hatten. Schon die Wertung des Verordnungsgebers,
dass bei einem Buchwert der Beteiligung an der Zielgesellschaft von unter
20 % des Aktivvermögens der erworbenen Gesellschaft grundsätzlich von einer
geringen wirtschaftlichen Bedeutung auszugehen ist, ist im vorliegenden
Fall nicht zu widerlegen. Vielmehr ist vor diesem Hintergrund bei einem
errechneten Buchwertverhältnis von rund 1,4 % von einem geringen
wirtschaftlichen Interesse auszugehen.

Auch die übrigen Hinweise der Antragstellerinnen auf weitere
Vergleichsparameter wie dem Börsenwert der von der thyssenkrupp Steel
Europe AG, Duisburg, gehaltenen Beteiligung an der Zielgesellschaft zum
02.07.2018 und dem EBIT der Zielgesellschaft sowie dem EBIT der
thyssenkrupp Steel Europe AG, Duisburg ergeben zumindest keine
gegenläufigen Indizien.

c.

Die Interessen der Antragstellerinnen an der Vermeidung des zeit- und
kostenintensiven Pflichtangebotsverfahrens überwiegen vorliegend auch die
Interessen der außenstehenden Aktionäre an der Abgabe eines
Pflichtangebots. Bereits aus dem Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen
des § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-Angebotsverordnung ist ein besonderes Gewicht der
Interessen des Antragstellers zu folgern, denn der Gesetz- beziehungsweise
Verordnungsgeber hat insoweit die Interessen-abwägung in Teilen
antizipiert. Im Rahmen der Ermessensabwägung lassen sich zu-dem keine
Anhaltspunkte feststellten, die es rechtfertigen würden, den
Antragstellerinnen die beantragte Befreiung zu versagen.

Denn der formelle, mittelbare Kontrollerwerb der Antragstellerinnen über
die Zielgesellschaft bietet den außenstehenden Aktionären keinen
(schützenswerten) Anlass, eine außerordentliche Desinvestitionsentscheidung
zu treffen. Insbesondere steht in der Gesamtschau der Umstände des
vorliegenden Falls keine transaktionsbedingte Änderung in der
Unternehmensführung der Zielgesellschaft zu erwarten. Insofern haben die
Antragstellerinnen zur Begründung ihrer Anträge zumindest konkludent
dargelegt, trotz ihres mittelbaren Kontrollerwerbs über die
Zielgesellschaft keine (eigenen) unternehmerischen Ziele in Bezug auf diese
zu verfolgen.

Ende der WpÜG-Meldung 

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