Gewinnabschöpfung |
18.11.2022 19:13:00
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Aktien von EVN, Verbund, OMV sehr stark: Regierung will in Erlöse von Öl- und Gasfirmen und Stromerzeugern eingreifen
Ziel der Maßnahme sei es "mehr Gerechtigkeit in die Szenerie der Verwerfung einkehren zu lassen", sagte Kogler. Europa befinde sich seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine in einem "Energiekrieg". Das führe zu Verknappungen und höheren Preisen. "Das lässt die Kassen bei den einen klingeln, und die anderen bezahlen, in einem Ausmaß, das nicht mehr hinnehmbar ist", so der Vize-Kanzler. Die für einzelne Unternehmen daraus entstehenden zusätzlichen Gewinne seien ungerecht, "in Wahrheit könnte man sagen, das ist eigentlich eine Kriegsdividende".
"Es ist ein Faktum, dass sehr viele Firmen im Energiebereich jetzt durch Zufall sehr gute Geschäfte machen, mit den steigenden Energiepreisen, während diese für Betriebe und die Menschen insgesamt zu einer Belastung geworden sind", sagte Brunner. Deshalb sei es in der aktuellen Situation eine Frage der Fairness, dass der Staat hier eingreift, auch weil der Bau von Infrastruktur im Energiebereich oftmals durch Steuergeld unterstützt worden sei. "Und ich sage das, obwohl ich in normalen Zeiten kein Freund von Markteingriffen bin, aber es sind nun mal außergewöhnliche Zeiten", so der Finanzminister.
Bei Öl- und Gasfirmen soll ein Teil des Gewinns abgeschöpft werden, bei Stromerzeugern werden die Erlöse gedeckelt. Konkret soll bei Öl- und Gasfirmen der Durchschnittsgewinn der vier Jahre 2018 bis 2021 als Basis genommen werden. Liegt der aktuelle Gewinn um mehr als 20 Prozent über diesem Durchschnitt, so sollen 40 Prozent davon abgeschöpft werden. Da aber zugleich die Körperschaftssteuer auf diesen Gewinn weiter fällig wird, kommt es letztlich zu einer Abgabe von 65 Prozent dieser Gewinne, erläuterte Kogler. Falls aber Firmen nachweisen können, dass sie in erneuerbare Energie investieren, sinkt die Abschöpfung von 40 auf 33 Prozent.
Betroffen seien hier etwa die OMV oder das Gasspeicherunternehmen RAG, erklärte der Finanzminister. Unternehmen, die im Handel mit fossilen Energieträgern tätig sind, etwa Tankstellen, seien hingegen nicht erfasst, sagte Kogler.
Bei stromerzeugenden Firmen wiederum soll der Erlös mit 180 Euro pro MWh gedeckelt werden. Dieser maximale Erlös sinkt auf 140 Euro/MWh, wenn keine Investitionen in erneuerbare Energien nachgewiesen werden können. Abgeschöpft werden dann 90 Prozent des Erlöses, der 180 bzw. 140 Euro übersteigt. Betroffen sind Betreiber einer Erzeugungsanlage (Kraftwerk, Windpark, PV-Anlage etc.) ab einer installierten Leistung von über 1 Megawatt. Firmen, die lediglich mit Strom handeln, sind von der Maßnahme nicht betroffen, da hier in der Regel auch teurer eingekauft wird und deshalb keine "Zufallsgewinne" entstehen, so das Finanzministerium.
Welche Stromerzeuger konkret zur Kasse gebeten werden, sagten die Politiker auf Nachfrage nicht: "Man hat natürlich eine Einschätzung, dass die Energieversorger, die geläufig sind, natürlich betroffen sind", sagte Brunner. Zu diesen geläufigen Stromerzeugern dürften unter anderem etwa Verbund, EVN und Wien Energie zählen.
Die Maßnahmen sind bis Ende 2023 befristet und gelten für die Gewinnabschöpfung bei fossilen Unternehmen rückwirkend ab 1. Juli, für die Obergrenze bei Stromerzeugern ab 1. Dezember 2022. Basis dafür sind EU-Bestimmungen.
Zentral sei es, die EU-Vorgaben so umzusetzen, dass Investitionen in Erneuerbare Energien weiterhin möglich sind, "das ist ja klar, wir werden uns hier nicht selber im Weg stehen", so Kogler. Investitionen, die in diesem Zusammenhang getätigt werden, können deshalb gegengerechnet werden. Welche Arten von Investitionen anrechenbar sein werden, sei noch nicht final entschieden. "Grundsätzlich geht es vor allem um die Energieproduktion, ob das Beiwerk ebenfalls eine Rolle spielen kann", sei noch nicht klar, sagte Kogler und bezog sich dabei etwa auf den Netzausbau. Pumpspeicherkraftwerke seien jedenfalls von der Maßnahme ausgenommen.
Die Höhe der Einnahmen, die durch die Maßnahme entstehen, könne derzeit noch nicht genau prognostiziert werden, weil die zusätzlichen Gewinne von der zukünftigen Entwicklung der Marktpreise für Gas und Strom abhängen, sagte Brunner und erläuterte damit die recht große Spanne von 2 bis 4 Mrd. Euro.
Kritik von Opposition, AK, ÖGB und Umweltschützern
Die Regierung hat heute, Freitag, Eingriffe in die Gewinne bzw. Erlöse von Energieunternehmen vorgeschlagen. Laut Interessenvertretungen, Umweltschutzverbänden und Parteien gehen die Maßnahmen allerdings nicht weit genug. Für den Gewerkschaftsbund (ÖGB) und die Arbeiterkammer (AK) ist die Höhe der Besteuerung zu niedrig und der Geltungszeitraum zu kurz. Greenpeace und Fridays For Future (FFF) schlagen in eine ähnliche Kerbe.
"Die Regierung bleibt bei der Umsetzung der Übergewinnsteuer deutlich unter ihren Möglichkeiten", sagten ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian und AK-Präsidentin Renate Anderl laut einer Aussendung am Freitag. Notwendig sei eine Ausweitung der Besteuerung auf den gesamten Energiesektor, eine Erfassung der gesamten Übergewinne 2022, 2023 und 2024 und ein höheres effektives Besteuerungsniveau.
Der SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried kritisierte den Vorschlag als "reines Übergewinngeschenk" für Energieunternehmen. "Bei geschätzten Übergewinnen der OMV im Jahr 2022 von sechs Milliarden Euro bleiben der OMV fünf Milliarden über und der Verbund kann überhaupt fast den gesamten Übergewinn für das Jahr 2022 behalten, weil die Steuer erst ab 1.12. greift" rechnete Leichtfried auf einer Pressekonferenz vor. Der Vorschlag der Regierung erfülle "nur mit Ach und Krach" die Vorgaben der EU. Leichtfried forderte stattdessen die Abschöpfung "sämtlicher" Übergewinne.
"Das entspricht schlicht und einfach nicht den Tatsachen. Wie heute früh präsentiert wurde, liegt der Steuersatz für Übergewinne von Energieunternehmen bei 40 Prozent. Wenn Herr Leichtfried also davon ausgeht, dass die OMV 6 Mrd. Euro Übergewinne - also Gewinne, die mehr als 20 Prozent höher sind als der Referenzgewinn aus den Vorjahren - erwirtschaftet, dann sind diese Gewinne auch mit 40 Prozent zu besteuern., kritisierte der Steuersprecher der Grünen, Jakob Schwarz, Freitagnachmittag in einer Aussendung. Bei Übergewinnen von 6 Mrd. Euro seien 1,5 Mrd. Euro an Körperschaftssteuer sowie 2,4 Mrd. Euro an Zufallsgewinnsteuer fällig. Demnach blieben der OMV nur 2,1 Mrd. Euro nach Steuern übrig, rechnete der Grüne Klub vor.
Die von Schwarz vorgelegte Rechnung, bei einem angenommenen Übergewinn der OMV für 2022 von 6 Mrd. Euro würden "nur" 2,1 Mrd. Euro an Gewinn nach Abzug der Übergewinnsteuer überbleiben, ist aus Sicht der SPÖ Humbug. Da nach den Plänen der türkis-grünen Regierung die Steuer erst ab der Jahresmitte greife, dürfe der Konzern rund die Hälfte der Übergewinne des Jahres zu 100 Prozent behalten. Es greife für den Rest ein Steuersatz von 33 Prozent, weil davon auszugehen sei, dass sich der Konzern ein Projekt für erneuerbare Energie anrechnen könne. "Das heißt: Bei 6 Milliarden Übergewinn für 2022, werden 1 Mrd. Euro (33 Prozent von 3 Mrd.) besteuert", so der SPÖ-Parlamentsklub Freitagabend in einer Aussendung. Genaueres wisse man noch nicht. Denn der entsprechende Gesetzesentwurf liege noch nicht vor.
Laut der FPÖ profitiert mit der Maßnahme "ein Krisengewinnler vom anderen". "Die Kunden haben den Konzernen diese Übergewinne ermöglicht. Jetzt kommt der Finanzminister und holt sich dieses Geld", sagte Parteichef Herbert Kickl laut Aussendung.
Für die Neos sind "noch viele Fragen offen", eine davon sei etwa, wie man die Gas- von den Strompreisen entkoppeln kann. "Hier darf die Bundesregierung nicht mit dem Finger auf Brüssel zeigen, denn es waren die Regierungschefs, die sich bislang nicht einigen konnten", so Energie- und Finanzsprecherin Karin Doppelbauer in einer Aussendung.
Auch die Umweltschützer Greenpeace und Fridays For Future (FFF) bemängelten die Höhe und den Geltungszeitraum der Maßnahmen und forderten eine "völlständige Abschöpfung der Übergewinne. FFF kündigte einen österreichweiten Streik für den 26. November an. Der WWF forderte unterdessen eine Zweckwidmung von "zumindest zehn Prozent der Übergewinne der Energieversorger für den Natur- und Biodiversitätsschutz".
Der betroffene Energieversorger Verbund signalisierte in einer Aussendung "Verständnis, dass ein Beitrag zur Entlastung der Haushalte und auch der Industrie geleistet werden muss". Das Unternehmen bereite die Umsetzung der Maßnahmen vor. Die konkreten Auswirkungen könne man derzeit noch nicht nennen.
Laut dem Vorschlag der Regierung soll bei Öl- und Gasfirmen ein Teil des Gewinns abgeschöpft werden, bei Stromerzeugern werden die Erlöse gedeckelt. Konkret soll bei Öl- und Gasfirmen der Durchschnittsgewinn der vier Jahre 2018 bis 2021 als Basis genommen werden. Liegt der aktuelle Gewinn um mehr als 20 Prozent über diesem Durchschnitt, so sollen bis zu 40 Prozent davon abgeschöpft werden. Falls aber Firmen nachweisen können, dass sie in erneuerbare Energie investieren, sinkt die Abschöpfung von 40 auf 33 Prozent.
Bei stromerzeugenden bzw. handelnden Firmen wiederum soll der Erlös mit 180 Euro pro MWh gedeckelt werden. Dieser maximale Erlös sinkt auf 140 Euro/MWh, wenn keine Investitionen in erneuerbare Energien nachgewiesen werden können. Abgeschöpft werden dann 90 Prozent des Erlöses, der 180 bzw. 140 Euro übersteigt.
Die Aktien von Versorgern konnten in Reaktion deutlich anziehen. Die Papiere des Verbund sprangen in Wien letztlich um 8,88 Prozent auf 88,30 Euro nach oben, EVN kletterten um 6,40 Prozent auf 18,30 Euro. Die Titel aus der Ölbranche zeigten sich ohne klare Richtung. OMV stiegen 1,55 Prozent auf 48,38 Euro und Schoeller-Bleckmann gaben 1,15 Prozent auf 60,30 Euro nach.
tsk/phs
(APA)
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Schoeller-Bleckmann | 30,05 | -0,50% | |
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